Privatdozentin Dr. Franziska Martinsen

Leibniz Universität Hannover

Curriculum Vitae

Privatdozentin Dr. Franziska Martinsen studierte Philosophie, Politik- und Musikwissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin und der Freien Universität Berlin. Im Jahr 2009 erlangte sie ihren Doktortitel im Fach Philosophie mit einer Arbeit zum Thema „Verteilung über Grenzen? Gerechtigkeit und Kosmopolitismus“ an der Universität Basel, wo sie zuvor als Wissenschaftliche Mitarbeiterin beschäftigt war. Ebenso wirkte sie als wissenschaftliche Assistentin an einem Projekt der Universität Fribourg, Schweiz, mit, das sich mit europapolitischen Fragen aus rechtstheoretischer Sicht befasste. Seit 2005 führt sie verschiedene Lehraufträge durch, unter anderem am Zentrum für Gender Studies der Universität Basel, an der Universität Zürich sowie an der Universität Göttingen. Von 2007 bis 2017 war Franziska Martinsen wissenschaftliche Mitarbeiterin am Arbeitsbereich Politische Theorie und Ideengeschichte der Leibniz-Universität Hannover, wo sie 2016 die venia legendi für das Fach Politikwissenschaft erwarb. Nach ihrer Habilitation war Franziska Martinsen Gastprofessorin an der Universität Wien, Vertretungsprofessorin an der Universität Greifswald, an der Universität Kiel sowie zuletzt am Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik (SOCIUM) der Universität Bremen.

Franziska Martinsen ist Vorstandsmitglied der Deutschen Vereinigung für Politikwissenschaft (DVPW) sowie Sprecherin der DVPW-Sektion Politische Theorie und Ideengeschichte und Sprecherin der DVPW-Sektion Politik und Geschlecht.

Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen u.a. die politische Philosophie und Theorie, die politische Ideengeschichte, Rechts- und Sozialphilosophie sowie Demokratietheorie und Theorien der (globalen) Gerechtigkeit. 

Von September 2019 bis März war Privatdozentin Dr. Franziska Martinsen Fellow am Käte Hamburger Kolleg „Recht als Kultur“ in Bonn.

Forschungsprojekt

„‚Call for Human Rights.‘ Claims to Economic Autonomy in Global Human Rights Semantics“

Das Forschungsprojekt knüpft an die Ergebnisse meiner Studie "Grenzen der Menschenrechte. Staatsbürgerschaft, Zugehörigkeit, Partizipation" (2019) an. Eine der zentralen Thesen besagt, dass Menschenrechte dem individuellen und kollektiven Anspruch auf ein selbstbestimmtes Leben nicht entsprechen können, solange sie als humanitäre, und damit vor allem als moralische Rechte verstanden werden. Die Auseinandersetzungen und Entscheidungen über die Bedingungen menschlichen Lebens – politischer wie ökonomischer Autonomie – sind als Angelegenheiten der politischen Praxis zu verstehen, die nicht in einer moralischen Sprache interpretiert werden sollten, weil damit deren eigentliche Herausforderung, nämlich die partizipative Einbeziehung aller, die von politischen Entscheidungen betroffen sind, vernachlässigt wird.

Im Fokus meines Projekts „‚Call for Human Rights‘. Ökonomische Ansprüche in der globalen Menschenrechtssemantik“ steht die globale Menschenrechtssemantik, die als Feld der öffentlichen politischen Auseinandersetzung über mögliche Interpretationen der Menschenrechte begriffen wird. Individuelle und kollektive Ansprüche auf ein Menschenrecht auf ökonomische Autonomie, wie sie z.B. Menschenrechts-NGOS formulieren, werden daraufhin untersucht, inwiefern diese als (Selbst-)Verständigungsprozesse über Ermächtigungsstrategien im Kampf um spezifische Rechte auf individuelle und kollektive Autonomie zu fassen sind. Im Rekurs auf kritische Ansätze der postkolonialen Theorie werden die Bedeutungsgehalte von ökonomischer Autonomie, wie sie in den UN-Dokumenten zu finden sind, mit denjenigen aus der politischen Praxis ins Verhältnis gesetzt. Es wird danach gefragt, inwieweit herkömmliche rechtsphilosophische und politiktheoretische Konzeptionen, die Menschenrechte zumeist im begrifflichen Rahmen liberaler Individualrechte behandeln, der die Dimension der politischen Aushandlung über den Gehalt dieser Ansprüche ausklammert, zu ergänzen oder ggf. zu revidieren sind.

Publikationen (aktuelle Auswahl)

Monographien

  • Grenzen der Menschenrechte. Staatsbürgerschaft, Zugehörigkeit, Partizipation, Bielefeld 2019.
  • Politische Philosophie der Besonderheit. Normative Perspektiven in pluralistischen Gesellschaften, Frankfurt a.M. 2014 (zus. m. O. Flügel-Martinsen).
  • Recht auf Wiedergutmachung. Geschlechtergerechtigkeit und die Bewältigung historischen Unrechts, Opladen 2014 (zus. m. T. Hitzel-Cassagnes).
  • Verteilung über Grenzen? Gerechtigkeit und Kosmopolitismus, Frankfurt a.M. 2011.

Herausgeberschaften

  • Radikale Demokratietheorie. Ein Handbuch, Berlin: Suhrkamp 2019 (zus. m. D. Comtesse, O. Flügel-Martinsen, M. Nonhoff).
  • Pierre Rosanvallon’s Political Thought. Bielefeld 2018 (zus. m. O. Flügel-Martinsen, S.W. Sawyer, D. Schulz).
  • Wissen. Macht. Meinung. Digitalisierung und Demokratie, Weilerswist 2018.
  • Staatsverständnisse in Frankreich, Baden-Baden 2018 (zus. m. N. Campagna).
  • Welches Europa wollen wir? Solidarität in der Politik, Weilerswist 2017 (zus. m. D. Horster).
  • Alle Macht den Städten? Partizipation und Praxis in der Stadt von morgen, Weilerswist 2016 (zus. m. D. Horster).
  • Demokratietheorie und Staatskritik aus Frankreich. Neuere Diskurse und Perspektiven, Reihe Staatsdiskurse, hrsg. v. Rüdiger Voigt, Stuttgart 2015 (zus. m. O. Flügel-Martinsen).

Aufsätze

  • Politik und Politisches, in: Comtesse, Dagmar/Flügel-Martinsen, Oliver/Martinsen, Franziska/Nonhoff, Martin (Hg.), Radikale Demokratietheorie. Ein Handbuch, Berlin: Suhrkamp 2019.
  • Demokratie, in: Comtesse, Dagmar/Flügel-Martinsen, Oliver/Martinsen, Franziska/Nonhoff, Martin (Hg.), Radikale Demokratietheorie. Ein Handbuch, Berlin: Suhrkamp 2019 (zus. m. D. Comtesse, O. Flügel-Martinsen, M. Nonhoff).
  • Repräsentation versus Performativität. Feministische Perspektiven, in: Voigt, Rüder (Hg.), Repräsentation. Eine Schlüsselkategorie der Demokratie, Baden-Baden 2019.
  • Stereotype Zuschreibungen. Die Rolle von Frauen in Internationalen Men-schenrechtsabkommen und UN-Deklarationen, in: Birke, Roman / Sachse, Carola (Hg.), Das Geschlecht der Menschenrechte von der Frühen Neuzeit bis in die Gegenwart, Göttingen 2018.
  • Die Erfindung der Citoyenne. Weibliche (Staats-)Bürgerschaft und die Gleichberechtigung der Geschlechter in Olympe de Gouges' politischen Schriften, in: Campagna, Norbert/Martinsen, Franziska (Hg.), Staatsverständnisse in Frankreich, Baden-Baden, 2018.
  • Das Menschenrecht auf politische Partizipation – Zur Revision des gegenwärtigen Menschenrechtsverständnisses, in: Mürbe, Ulrike / Weiß, Norman (Hg.), Aufgaben und Grenzen der Praktischen Philosophie vor dem Hintergrund menschen- und völkerrechtlicher Wirklichkeiten. Studien zu Grund- und Menschenrechten des MenschenRechtsZentrums der Universität Potsdam 2018.
  • Powerlessness versus Empowerment. The Aporia of Human Rights and Political Subjectivation, Coils of the Serpent. Journal for the Study of Contemporary Power 1:1, 2017.
  • Gerechtigkeit: Das Recht auf Rechte, in: Verrone, Assunta/Nickl, Peter (Hg.), Welche Gerechtigkeit? Münster 2016.
  • Climate Change and the Concept of Shared Ecological Responsibility, Environmental Ethics 35:2, 2013 (zus. m. J. Seibt).